Die Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick von Berlin möge beschließen:

Das Bezirksamt wird ersucht, bei der Genehmigung von Bauvorhaben verstärkt auf die Ästhetik der zu errichtenden Gebäude und das Verunstaltungsverbot nach § 9 der Berliner Bauordnung zu achten.

Begründung:

Die hohe Nachfrage nach Wohnraum hat in unserem Bezirk zu einer umfassenden Bautätigkeit geführt. Im Bestreben die Flächen der Baugrundstücke optimal zu nutzen und möglichst viel Wohnfläche zu errichten, wurde den Ansprüchen an ästhetisches Bauen dabei oftmals keine Rechnung getragen. Das ist umso bedauerlicher, als die ästhetische Qualität der Ortsteile ein wichtiger Teil der Identifikation der betreffenden Bewohner ist.

Geschossflächenzahl und Grundflächenzahl wurden bei neu geplanten Objekten immer weiter nach oben gesetzt, mit der Folge, dass die errichteten Gebäude immer wuchtiger wurden und gleichzeitig immer dichter standen. Die zulässigen baurechtlichen Grenzen wurden strapaziert und manchmal – unter Verweis auf vermeintlich ausgleichende Faktoren – auch überschritten.

Es entstanden Wohngebäude in Typenbauweise, deren Ästhetik aus Sicht vieler Menschen hinter den Plattenbauten der DDR zurückbleibt.

Die Wohn- und Lebensqualität der neu errichteten Quartiere fiel hinter derjenigen der bereits vorhandenen Nachbarbebauung zurück, und sorgte zum Teil auch dafür, dass die Wohn- und Lebensqualität der Nachbarbebauung sank. Das städtebauliche Erbe unseres Bezirks, das immer auch Ausdruck des Strebens nach besseren Wohn- und Lebensverhältnissen war, ist damit in Gefahr aufgegeben zu werden.

Grundsätzlich ist der Schutz der Ästhetik im Baurecht nur gering ausgeprägt. Maßgeblich ist hier das Verunstaltungsverbot nach § 9 der Berliner Bauordnung. Danach müssen bauliche Anlagen nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farbe so gestaltet sein, dass sie nicht verunstaltet wirken. Weiterhin heißt es in Absatz 2, dass bauliche Anlagen, das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild nicht verunstalten dürfen.

In Treptow-Köpenick befinden sich verschiedene Ortsteile, wie z. B. die Köpenicker Altstadt, die durch
Erhaltungssatzungen geschützt werden. Aus Sicht der Antragsteller ist dieser Schutz jedoch

IX/0631 Antrag vom: 05.12.2023 Seite: 1/2
unzureichend, wenn in unmittelbarer oder mittelbarer Nähe Baukörper oder ganze Quartiere errichtet werden, die den grundlegenden Ansprüchen an architektonische Ästhetik nicht gerecht werden. Insbesondere in der Nähe von touristischen Anziehungspunkten besteht die Gefahr, dass diese durch verunstaltete Bauten oder Quartiere entwertet werden und dem Tourismusgewerbe auch ein ökonomischer Schaden entsteht.

Ästhetische Bauten sind nicht nur essenziell zur Identifikation der Bewohner mit ihrer Heimat, sondern sie fungieren auch als wichtige touristische Anziehungspunkte. Attraktive Architektur trägt zur Schaffung eines einladenden und lebendigen Stadtbildes bei, das sowohl Einheimische als auch Touristen anzieht. In einer Zeit, in der der Tourismus eine immer größere wirtschaftliche Rolle spielt, ist es unerlässlich, dass Städte und Gemeinden in ansprechende und charakteristische Bauwerke investieren. Diese dienen nicht nur der Verschönerung des Ortsbildes, sondern können auch als kulturelle Wahrzeichen fungieren, die Stolz und Identität fördern. Darüber hinaus können ästhetisch ansprechende Gebäude und Quartiere die lokale Wirtschaft beleben, indem sie Besucher anlocken, die in der Folge in Geschäfte, Restaurants und Hotels investieren. Dies generiert wiederum Arbeitsplätze und Einkommen für die Gemeinde. Kurzum, der Mehrwert, der durch ästhetisches Bauen entsteht, ist nicht nur kulturell und sozial von Bedeutung, sondern auch wirtschaftlich. Daher ist es entscheidend, dass Bauprojekte nicht nur funktional, sondern auch visuell ansprechend gestaltet werden, um das volle Potenzial eines Ortes auszuschöpfen.

Der Bundes- und der Landesgesetzgeber haben den Schutz der Ästhetik im Baurecht den örtlichen Bauaufsichtsbehörden anvertraut. Zum Schutz der Wohn- und Lebensqualität in unserem Bezirk ist es daher geboten, verstärkt auf das Verunstaltungsverbot nach § 9 der Berliner Bauordnung und die Ästhetik der zu errichtenden Gebäude zu achten.